Wenn Unternehmen Stellenanzeigen veröffentlichen, ist in den Positionstiteln überwiegend (m/w/d) zu lesen. Grundsätzlich steht dieser Zusatz für die geschlechtsneutrale Besetzung einer vakanten Position. Studien zeigen jedoch deutlich: weibliche und diverse Suchende fühlen sich von diesen Jobtiteln nicht angesprochen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein Problem. Eine nachhaltige Lösung dieses Problems könnte weiblicher und diverser Nachwuchs sein.
Die Rolle der Geschlechter in Stellenanzeigen
Vorab muss gesagt werden: Eine gesetzliche (m/w/d) -Pflicht in Stellenanzeigen gibt es nicht (direkt).
Nach erfolgreicher Klage einer Rechtsanwältin im Jahr 2007, müssen Frauen und Männer in Stellenanzeigen gleichermaßen genannt werden. Die alleinige Verwendung des generischen Maskulinums ist daher rechtswidrig.
Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019, muss aus der Formulierung einer Stellenanzeige jedoch auch hervorgehen, dass kein Geschlecht von einer vakanten Position ausgeschlossen wird. Um sich nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) abzusichern, ist die Bezeichnung (m/w/d) zu einem gängigen Zusatz in Stellenausschreibungen geworden. Der dazugehörige Stellentext wird jedoch nach wie vor häufig im generischen Maskulinum fortgeführt. Das generische Maskulinum sorgt jedoch nachweislich dafür, dass das weibliche und diverse Geschlecht zwar mit gemeint, aber dennoch häufig in der Besetzung einer Vakanz nicht berücksichtigt wird. (Riederich, 2015).
Worauf stützt sich dieser Gedanke?
Warum ist das Geschlecht wichtig?
40 Jahre Kampf gegen das generische Maskulinum
Schon seit den 1970er Jahren steht die allgemeine Verwendung des generischen Maskulinums in der Kritik. Dabei wird als Hauptargument angeführt, dass die sprachliche Benachteiligung der Frau in einer strukturellen Benachteiligung und Diskriminierung mündet (Trömel-Plötz, 1978). Als Gegenargument wird häufig angeführt, dass das Hinzuziehen des weiblichen Geschlechts sowohl die Lesbarkeit als auch die Akzeptanz und Ästhetik eines Textes stark einschränken würde (Kalverkämper, 1979).
Diese Annahme konnte jedoch seit den 1980er Jahren in zahlreichen empirischen Untersuchungen widerlegt werden.
Im Bereich der Stellenausschreibung wird die Benachteiligung von Frauen durch das generische Maskulinum seit den 1970er Jahren sichtbar. Eine Studie von Bem & Bem aus dem Jahr 1973 zeigte bereits damals, dass Frauen sich von maskulin formulierten Stellen nicht angesprochen fühlen, obwohl sie im Sinne des Unternehmens „mitgedacht“ sind. An diesen Ergebnissen hat sich auch nach 48 Jahren nichts geändert.
Die Sichtbarmachung der Geschlechter
Viele Unternehmen halten nach wie vor an dem generischen Maskulinum fest. Dabei gilt bereits seit 2009 die Prämisse: „Der Sichtbarmachung der Frau ist grundsätzlich Vorrang gegenüber der Neutralisierung des Geschlechts zu verschaffen“ (Gleichbehandlungsanwaltschaft, 2009). Nach dieser Prämisse können Stellenausschreibungen explizit weibliche Bezeichnungen voranstellen (Mitarbeiterin/ Mitarbeiter), gendergerechte Kurzformen (Mitarbeiter:in/ Mitarbeiter*in) verwenden oder gar Neutralisieren (Mitarbeitende).
Nach der aktuellen Rechtsprechung von 2019 ist es empfehlenswert, auf gendergerechte Kurzformen zurückzugreifen und diese auch im Ausschreibungstext zu verwenden. Besonders in der Formulierung des gewünschten Profils gibt es einiges zu beachten, denn hier kann sehr gezielt auf mehr weibliche und diverse Fachkräfte zugegangen werden.
Kleine Veränderungen – Einfache Wirkung?
In einer Studie aus dem Jahr 2016 fand die TU Dresden heraus, dass sich bestimmte Charakter-Eigenschaften spezifisch dem weiblichen und männlichen Geschlecht zuordnen lassen.
Weibliche/ neutrale Attribute | Männliche Attribute |
engagiert | zielstrebig |
verantwortungsvoll | durchsetzungsstark |
gewissenhaft | offensiv |
kontraktfreudig/ kollegial | analytisch |
Besonders in der Ansprache von Bewerberinnen spielen diese Formulierung eine entscheidende Rolle. Die Studie untersuchte, inwiefern sich die Nutzung von „weiblichen“ Attributen in der Profilbeschreibung auf die gesteigerte oder geminderte Bereitschaft zur Bewerbung durch Frauen und Männer auswirkten. Die Grundannahme war: Während sich Frauen von weiblichen Attributen eher attrahiert fühlen, könnten diese Attribute zeitgleich zu einem „Abschrecken“ von männlichen Bewerbern führen. Tatsächlich konnte sich bestätigen, dass die Formulierung von weiblichen/ neutralen Eigenschaften zu einer erhöhten Bewerbungsbereitschaft von Frauen führte, während Männer sich bei allen geforderten Eigenschaften grundsätzlich für geeignet befanden. Die Verwendung weiblich-konnotierter Attribute hatte keinen negativen Effekt auf männliche Bewerber.
Kritik an der gendergerechten Schreibweise
Die gendergerechte Sprache ist weder ein Zwang, noch kann sie einer Gesellschaft per Gesetz diktiert werden. Sie soll dabei helfen, Menschen sichtbar zu machen, die bisher in den unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsbereichen systematisch ignoriert oder vernachlässigt wurden. Obwohl es zahlreiche Studien und Erkenntnisse dazu gibt, wie die gendergerechte Sprache zu mehr Inklusivität von Frauen und non-binären Menschen führt, lehnen dennoch zwei Drittel der Deutschen diese Sprache – und damit verbunden auch die aktive Sichtbarmachung von mehreren Geschlechtern – entschieden ab. Im Hinblick auf die bereits bekannten Problematiken und Erkenntnisse scheint das ein auffälliges Paradox zu sein.
Wie geht man mit diesen Erkenntnissen um?
Grundsätzlich ist es jedem Unternehmen selbst überlassen, wie die gesetzlichen Vorgaben zu der geschlechtsneutralen Besetzung von vakanten Positionen erfüllt werden. Sie es mit der (m/w/d) -Formulierung oder der Verwendung von genderneutralen Abkürzungen.
Dabei sollte man sich jedoch auch noch einmal in Erinnerung rufen, wie stark der Fachkräftemangel in vielen Branchen bereits ist und dass schon die Formulierung einer Stellenanzeige und eines gendergerechten Titels dazu führen kann, dass sich mehr weibliche und diverse Bewerber:innen von einer Position angesprochen fühlen.
Bei der talents for it GmbH haben wir uns für eine gendergerechte Schreibweise und gegen das generische Maskulinum entschieden. Damit wollen wir ein aktives Zeichen für die Sichtbarmachung von unterschiedlichen Geschlechtern in der Lebens- und Arbeitswelt unserer Gesellschaft setzen.
Bild: Mikael Blomkvist
2 Antworten
Es mag ja sein, dass das Stellenangebot neutral sein muss aber es ändert ja nichts daran dass anschließend der Arbeitgeber entscheidet wen er einstellt. Will der Arbeitgeber nur Frauen und Männer beschäftigen dann stellt er auch nur diese ein. Gleiches gilt auch wenn er keine dicken Frauen, Männer, alte Frauen usw. mag. Ein neutales Stellenangebot ändert also gar nichts daran.
Guten Tag Christian Dahlmann, wir danken für Ihren Beitrag und wünschen eine fröhliche Vorweihnachtszeit.