Warum wir dem Megatrend Fachkräftemangel in der Geschäftsleitung mit neuer Haltung und mit Konsens zwischen den Generationen begegnen sollten
Kennen Sie das? Diese lächelnde Müdigkeit, die sich bei Ihnen einstellt, wenn jemand das „F-Wort“ in den Mund nimmt: Fachkräftemangel.
Überall schallt es uns entgegen: in den Nachrichten, auf den Neujahrsempfängen der Spitzenverbände der Wirtschaft, in den Gesprächen mit Geschäftsführer:innen im Ausblick auf die Zukunft…
Irgendwie hat sich eine Analogie entwickelt, die man schon von einem anderen unausweichlichen Megatrend kennt, dem Klimawandel.
Auch für den Fachkräftemangel werden uns verschiedene Lösungen angeboten, die wir uns anhören, erleichtert sind, dass da etwas sein könnte, um das Problem zu beheben – und meistens weitermachen wie immer. Lassen wir doch erst einmal die anderen machen und wenn sich da irgendeine Lösung wirklich bewährt, dann legen auch wir los.
Dabei ist dieses Problem essentiell, überlebensgefährdend und sehr unmittelbar. Das geht auch nicht mehr weg. Und es ist nicht mehr in Gänze behebbar. Aber wäre es nicht schön, wenn es UNS nicht ganz so träfe, wie den Großteil der Unternehmer:innen?
Allein in Sachsen verzeichnen wir wieder einmal neue Höchstwerte im Fachkräftemonitoring 2022 der IHK Leipzig. Mehr als jede zweite Stelle bleibt langfristig unbesetzt. In einem 5-Punkte-Programm fokussieren sich IHKs und Handwerkskammern des Freistaates auf dieses Thema auf der wirtschaftspolitischen Ebene.
Aber was wollen wir als Unternehmer:innen tun, um dieses Problem anzugehen? Eine erste Antwort vorweg: es gibt nicht die EINE Lösung, sondern es wird komplex. Wir benötigen also viele Lösungsansätze und nur auf einen dieser Ansätze gehen wir heute hier ein.
Problembewusstsein und Haltung der Geschäftsführung – Konsens und Konflikt der Generationen
Fangen wir also da an, wo der Fisch zumeist als erstes unangenehm riecht: am Kopf.
Wie oft hören wir, zumeist von den Babyboomern, dass die Arbeitseinstellung der heutigen Generation XYZ doch sehr zu wünschen übrigließe. Der Anforderungskatalog dieser jungen Leute sei riesig groß (flexible Arbeitszeitmodelle, hybrides Arbeiten, Sabbaticals, Sinnfindung…) und trotzdem fehle dieser Generation oftmals das Brennen, der Mut, das unbedingte Einbringen für die unternehmerischen Ziele. WIR (die Boomer) haben doch damals noch an „unsere Sache“ geglaubt, gebrannt, Überstunden geschoben, sind aus eigenen Stücken für den Traumjob von A nach B gezogen usw. usw.
Doch war es nicht „damals“ viel einfacher, an unsere Sache zu glauben? Vielleicht war es sogar ein Privileg, an nur eine Sache zu glauben. Aus Mangel an Optionen sind wir in Zeiten des Babybooms und der absoluten Wettbewerbslage am Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsmarkt zumeist den Weg gegangen, der uns unmittelbar geboten wurde.
Ist es für die neuen Generationen heute nicht völlig anders? Ihnen wurde (von uns) gesagt, dass die Welt für sie in jeglicher Hinsicht offen stünde. Ob Abitur, Ausbildung, Studium, Auslandsjahr, Orientierungsjahr oder, oder, oder. Alles ist heute möglich und stellt für junge Menschen manchmal auch eine ernsthafte Überforderung dar.
Die Zeit an sich, mit der Aussicht auf einen globalen, langfristigen Klimawandel, ist ein kostbares Gut, insbesondere für die jungen Generationen, die der Klimawandel am schlimmsten treffen wird.
Und der Ort ist durch die Möglichkeit des hybriden Arbeitens in vielen Berufsgruppen zweitrangig geworden.
Der Wertewandel, mit dem die beiden Parameter Zeit und Ort in der Arbeitswelt heutzutage bewertet werden, ist bei den neuen Generationen schon längst vollzogen, aber irgendwie möchten wir älteren Generationen dies einfach nicht wahrhaben.
Neue Rahmenbedingungen akzeptieren (Reframing)
Wir Boomer-Generationen sollten den Blick auf unsere eigenen Werte verändern oder zumindest ein gutes Verständnis und einen Konsens für die nachwachsenden Generationen bieten.
Deshalb müssen wir unsere eigene Einstellung verändern. Dies bezeichnet man als Reframing, bekannt aus Kommunikation und Psychologie. Zumeist ist jede:r einzelne erst dann bereit, sich auf neue Rahmen einzustellen, wenn ein hoher Handlungsdruck besteht.
Die Zahlen im Fachkräftemangel sprechen dafür. Der Handlungsdruck ist gegeben.
Am besten beginnen wir gleich heute damit und denken intensiv darüber nach, wie wir Unternehmens- und Personalentscheider:innen uns auf diese neuen Rahmenbedingungen einstellen.
Offen zu sein für die Etablierung neuer Arbeitsmodelle hilft nicht nur in der alltäglichen Zusammenarbeit, sondern ist ein immens wichtiger Teil zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung und somit ein Teil der Lösung des Fachkräftemangels.
In diesem Sinne: Packen wir es an und “reframen“ wir uns, denn eines ist sicher: DAS (F…Wort) geht auch nicht mehr weg.
„Nicht die Dinge an sich sind es, die uns beunruhigen, sondern vielmehr ist es unsere Interpretation der Bedeutung dieser Ereignisse, die unsere Reaktion bestimmt.“
– Marc Aurel